Übergewicht = chronische Entzündung: auch eine Extrembedingung für die Haut? Immunologie der Hautbarriere, Mikrobiom und Kontaktallergie
Vortrag von Prof. Dr. rer. nat. Stefan Martin
Übergewicht/Fettleibigkeit gilt heute als eine entzündliche Erkrankung, die die Entstehung des metabolischen Syndroms bedingt. Der übermäßige Verzehr von fett- und zuckerreicher Nahrung führt zu einer Zunahme des Fettgewebes und der darin enthaltenen Immunzellen. Die Fettzellen und die Immunzellen beginnen dann Entzündungsmediatoren zu produzieren und freizusetzen. Dies führt zu einer unterschwelligen systemischen Entzündung. Zudem verändert sich das Mikrobiom im Darm in eine entzündungsfördernde Richtung. Wir konnten in unseren Studien zeigen, dass fett- oder zuckerreiche Ernährung eine genetisch bedingte Resistenz gegen allergische Kontaktdermatitis brechen kann, sich also auf den Immunstatus der Haut auswirkt. Ein Einfluss auf die Hautbarriere wurde nicht beobachtet. Unsere vorläufigen Untersuchungen der verantwortlichen Mechanismen deuten auf eine zentrale Rolle des Fettgewebes für die Polarisierung des Immunsystems in Richtung Entzündung hin. Interessanterweise gibt es ähnliche Beobachtungen im Alter, das ebenfalls mit einer unterschwelligen systemischen Entzündung einhergeht.
Da Entzündung die Voraussetzung für die Aktivierung des Immunsystems ist, birgt das Vorliegen einer unterschwelligen systemischen Entzündung ein deutliches Risiko, da der kritischer Schwellenwert der Entzündung für die Aktivierung des Immunsystems durch Infektion oder Fehlregulation des Immunsystems viel leichter erreicht werden kann. Das kann zum einen die Entstehung einer Vielzahl entzündlicher Erkrankungen wie Autoimmun- und neurodegenerative Erkrankungen und manche Krebsarten begünstigen, zum anderen zu einer Verschlimmerung solcher Krankheiten beitragen.
Diese Erkenntnisse führen zu Strategien der ernährungsbasierten Intervention bis hin zu sog. personalisierter Ernährung und zu Mechanismus-basierten anti-entzündlichen Therapien.